Tipps für trans*-respektvolle Veranstaltungen

Ich wurde gefragt, was eine Veranstaltung trans*-freundlich machen würde und dann gebeten die Antwort doch mal zu posten. Mache ich gerne :-). Es geht hier also darum, was Veranstaltende tun können, damit sich Trans*-Menschen auf ihren Veranstaltungen wohl und sicher fühlen. Da es unterschiedliche Arten von Veranstaltungen gibt, mache ich die Tipps an einzelnen Eigenschaften von Veranstaltungen fest, es gibt also keine getrennten Tipps für Parties oder Workshops oder Vorträge, sondern einfach, wenn eine Veranstaltung etwas bestimmtes hat, gibt es dafür (evtl.) Tipps.

Es gibt Toiletten

Das ist ja bei den meisten Veranstaltungen der Fall, hoffentlich :-). Oft sind diese Klos nach Geschlechtern getrennt, was Transmenschen unter Umständen Probleme macht: entweder weil sie evtl. eine andere Einschätzung davon haben, auf welches Klo sie gehen wollen, als andere Gäste, oder weil sie nicht in eine der typischerweise zwei angebotenen Möglichkeiten passen.

In den meisten Fällen ist es da am Besten, wenn die Klos nicht nach Geschlechtern aufgeteilt sind. Lässt sich das nicht vermeiden, ist es m.E. am Besten, unter jede Geschlechtsangabe noch trans* dazu zu schreiben. Somit ist klar, dass Trans*-Menschen, egal, wie sie sich identifizieren oder wahrgenommen werden, auf egal welches Klo dürfen.

Es gibt Mitarbeitende/Helfende, die mit oder über Gäste reden

(mit „über Gäste reden“ ist hier nicht Tratsch gemeint, sondern Aussagen wie z.B. „die Person dahinten steht auf der Gästeliste“)
Hier ist es wichtig, dass die Mitarbeitenden nicht davon ausgehen können, dass sie das Geschlecht einer Person kennen können, wenn sie nicht mit ihr geredet haben. Deshalb sollten sie vermeiden, die Gäste sprachlich einem Geschlecht zuzuordnen, indem z.B. Pronomen, Anreden oder Begriffe wie Mann oder Frau verwendet werden. Das ist nicht immer ganz leicht und eine gute Übung in sprachlicher Kreativität, aber lohnt sich. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, sollte wenigstens nach den Pronomen gefragt und als allermindestes nicht auf die vermutete genitale Konfiguration zurückgegriffen werden.

Die Veranstaltung ist zugangsbeschränkt

Manchmal gibt es Veranstaltungen, die z.B. mit flt*i (FrauenLesbenTrans*Inter) gekennzeichnet sind, oder auf eine andere Art nur für bestimmte Geschlechter geöffnet ist. Hier geht es wieder darum, dass das Geschlecht eines potentiellen Gastes nicht durch das Einlasspersonal bestimmt werden kann. Stattdessen gilt die Selbstaussage der Person, die Zutritt wünscht. Diese einzufordern (in meiner möglichst höflichen Weise) ist aber o.k., auch wenn das letztlich einer Forderung nach einem Outing gleichkommt. Menschen, die „nach Augenschein“ möglicherweise nicht zugelassen wären, outen sich ja automatisch durch ihre Anwesenheit in ihrem Raum, z.B. ist ein Mann* in einem flti-Raum automatisch trans* (mit welchem genauen Geschlecht auch immer).

Wichtig ist hier, dass diese Regelung auch für die anderen Gäste klar ist, z.B. auf einem Schild am Eingang steht. Nur so kann vermieden werden, dass Transmenschen sich immer wieder für ihre Anwesenheit rechtfertigen müssen.

Ihr organisiert eine Veranstaltung „für Frauen“

Hier müssen sich die Veranstaltenden darüber klar werden, was sie unter „Frauen“ verstehen, wer da mit gemeint ist, und wer nicht. Alle Menschen, die sich selbst so verstehen? Was ist mit nicht-binär identifizierten Menschen? Wer genau soll nicht dabei sein? Um welche Themen geht es, und wer hat dann ein berechtigtes Interesse an der Teilnahme? So sind von Sexismus vor allem Menschen betroffen, die von anderen als „Frauen“ eingeordnet werden, unabhängig davon, ob sie sich selbst so verstehen. Oder, wenn es tatsächlich um Vulva/Vagina o.ä. geht, können sowohl Transfrauen als auch Transmänner ein Interesse daran haben, unabhängig von ihrer aktuellen genitalen Konfiguration.

Wer genau gemeint ist, sollte also in der Veranstaltungseinladung deutlich erläutert werden, auch für die anderen Gäste, damit sie sich nicht anschließend wundern oder die Gegenwart von einzelnen Gästen in Frage stellen.

Ihr habt ein Awareness-Team und/oder eine Nicht-Diskriminierungs-Regelung

(hier ist mit Awareness-Team eine Gruppe von Menschen gemeint, die dafür zuständig ist, auf der Veranstaltung dafür zu sorgen, dass Übergriffe möglichst nicht passieren oder bei Übergriffen in geeigneter Weise einzuschreiten)

Sehr schön, dass es bei Eurer Veranstaltung so etwas gibt! 🙂

Hier ist es wichtig, dass Transphobie oder cissexistisches Verhalten als eine geächtete Diskriminierungsform anerkannt ist, dass also Trans*-Menschen wissen, dass sie vom Awareness-Team ernst genommen werden, wenn sie sich wegen einem cissexistischen Vorfall (wenn sie z.B. im Klo zu hören bekommen haben, dass sie hier falsch sind) an sie wenden.

Auf entsprechenden Schildern sollte transphobes Verhalten zusammen mit sexistischem oder rassistischen Verhalten als geächtet genannt werden.

Es gibt eine Vorstellungsrunde

Falls sich die Gäste bei der Veranstaltung vorstellen sollen (z.B. bei einem Workshop), bitte alle darum, dass sie zu ihrem Namen auch ihr Wunschpronomen sagen (bei Bedarf erklären, was das ist). So sind die Trans*-Menschen in der Gruppe nicht die, die sich gefühlt zu etwas Besonderen machen, weil sie ihr Pronomen ggf. nennen müssen.

Es gibt eine Moderation

Bei einer Veranstaltung, die von jemensch moderiert wird, ist es wichtig, dass diese Person cissexistisches Verhalten anspricht und korrigiert, z.B. wenn eine Person eine andere mit den falschen Pronomen anspricht oder ihr ihr identifiziertes Geschlecht abspricht. Bei uneinsichtigen Teilnehmenden sollte dies auch zu einem Ausschluss aus der Veranstaltung führen können, da sich sonst die betroffenen Trans*-Menschen sehr unwohl fühlen.

So viel mal meine aktuellen Gedanken dazu. Ich für Ergänzungen auf jeden Fall dankbar.

[Update]

In der Zwischenzeit habe ich zwei sehr gute Texte zur Gestaltung diskriminierungssensibler Veranstaltungen gefunden:

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3 Antworten zu Tipps für trans*-respektvolle Veranstaltungen

  1. Phoebe schreibt:

    Thema Klos: dafür hab ich vor eine Weile die Lösung gesehen, die mir bisher am Besten gefällt:
    Trennen zwischen Sitzpinklern und Stehpinklern. Das ist imo ja eh die relevante Frage.
    Just my two cents.

    • tina201301 schreibt:

      Das habe ich auch schon häufiger gesehen, finde ich ganz gut, vor allem, weil es ohne Zuschreibungen auskommt.
      Allerdings stellt sich dann die Frage, warum überhaupt zu trennen? Dann können die Stehpinkler ja einfach einen Bereich im allgemeinen Klo haben (ist z.B. im Südblock in Berlin so gelöst).
      Andersherum gibt es m.E. aber ein durchaus nachvollziehbares Bedürfnis von Frauen*, auf dem Klo von Männern* unbehelligt zu sein. Im Südblock als queer-feministische Kneipe (soweit ich das verstanden habe) ist das weniger ein Problem, in einem Bierzelt vielleicht schon, da würde ich mich auf einem Klo mit vielen betrunkenen Männern* auch nicht wohl fühlen – habe aber u.U gar keine andere Alternative.

  2. Pingback: Geschlechtsdysphorie vs. Hirngeschlecht: Nachtrag 4: gesellschaftliches Geschlecht nach Selbstaussage | wunder2welt

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