Im Moment habe ich keinen Nerv, mich zu dem gerade viel diskutierten Sammelband Beißreflexe zu äußern. Ich habe in der Debatte aber festgestellt, dass Texte, die das Buch kritisieren, schlechter auffindbar sind, als solche, die es loben. Das zeigt m.E. auch schon das ungleiche Machtverhältnis, bzw. die unterschiedliche Sichtbarkeit an, um die es in dem Buch, bzw. in den von dem Buch kritisierten Praxen geht. Deswegen möchte ich hier einmal die ein paar aus meiner Sicht wichtige Texte verlinken, mehr oder weniger in order of appearance:
- Kritik von Em auf Kuchen statt Sex (fünf Teile, sehr ausführlich, danach waren wohl die Angriffe so stark, dass Em nicht weitergemacht hat) Em bezeichnet sich als „eine zu der Gruppe von Personen gehöre[nd], die in dem Buch stark
kritisiertangegriffen werden“ - Artikel „Queeres Scherbengericht“ von Jan Schnorrenberg im Tagesspiegel, einer der ersten Reaktionen auf das Buch, hier wird die Funktion der „Kritik“ als Abwehr gut beschrieben.
- Interview mit Hengameh Yaghoobifarah in der Siegessäule, Hengameh Yaghoobifarah wird in dem Buch viel zitiert, vor allem ihr Artikel über Rassismus auf der Fusion
- Blogpost von Heinz-Jürgen Voß, z.B. „Der Band ist die vielen Worte wert, gerade deshalb, weil er – und das wurde auf Twitter und auf Blogs deutlich – die Personen in einer Massivität attackiert, verleumdet und ihre Positionen verzerrt darstellt, die in der LSBTIQ*-Community am schwächsten sind. (Das sind gewiss nicht Zülfukar und ich – mit Professur lässt sich eine Menge aushalten.) „
- Artikel „Die queere Bedrohung“ von Georg Klauda in der analyse&kritik, beschreibt auch viel das Buch „Schwule Sichtbarkeit, schwule Identität“ Zülfukar Çetin und Heinz-Jürgen Voß, beschreibt aber z.B. auch ausführlich die häufigen Strohmann-Argumentationen in Beißreflexe.
- Blogpost Mein Problem mit Patsy l’Amour laLove. Ein Widerspruch. von Johannes Kram, finde ich inhaltlich nicht so spannend, aber hilfreich, weil er aus der „Szene“ kommt (weiß/cis/schwul), die in Beißreflexe dominant ist, soweit ich das verstanden habe.
- Facebook-Post „Flauschreflexe“ des Autonomen feministischen Referats Uni Oldenburg, für einen Facebook-Post sehr ausführlich und inhaltlich, mit Quellenangaben und Wunsch, wie es weitergehen kann.
- Artikel „Beissreflexe: Je böser, desto mehr freu’n sich die Leut’!“ bei den Ruhrbaronen. Aus meiner Sicht sehr ruhig und strukturiert die wesentlichen Argumentationslinien der Beißreflexe beschrieben, und dabei auch „endlich mal“ auch ein wenig beschrieben, worum es den von „Beißreflexe“ kritisierten Praxen eigentlich geht.
- Blogpost „In trauter Gemeinschaft: Alice Schwarzers „EMMA“ und das Kollektiv des „Beißreflexe“-Bandes. Eine glossierte Betrachtung.“ auf verqueert.de. Wo die Post-Autor_innen hernehmen, dass die Beißreflexe speziell antisemitisch sein sollen weiß ich nicht (allgemein rassistisch aber auf jeden Fall, siehe vorhergehende Kritiken), hier wird aber deutlich gezeigt, wie gut EMMA und mindestens einige Beißreflexe-Autor_innen zusammenpassen.
- Artikel The Sargnagel talks back: Eine Replik auf die „EMMA“ von Paula Villa im Missy Magazine. Sie nimmt auf wissenschaftlicher Ebene den Artikel des Beißreflexe-Mitautors Vojin Saša Vukadinović in der EMMA (siehe vorhergehenden Link) auseinander.
- Rezension Angriff der Homocons von Georg Klauda auf kritisch-lesen.de. Beschreibt vor allem die verkürzte Sichtweise des Islam in Beißreflexe. Georg Klauda ist Autor von „Die Vertreibung aus dem Serail Europa und die Heteronormalisierung der islamischen Welt“.
- Blogpost Von Scheiterhaufen zu Scheiterhaufen – eine ergänzende Darstellung zum Text “Inquisition auf dem e*camp 2013”, sehr informative und reflektierte Darstellung der in dem Beißreflexe-Beitrag besprochenen und auch in mehreren Rezensionen angesprochenen Geschehnisse auf dem e*camp.
- Artikel Die Verleumdung von Judith Butler und Sabine Hark in der Zeit. Hier melden sich zwei der Haupt-Angegriffenen zu Wort und beziehen sich sowohl auf das Buch Beißreflexe als auch auf die EMMA-Artikel. Zum Teil eine Kritik an der verkürzten Wahrnehmung der akademischen Forschung, zum Teil eine Warnung vor der Unsachlichkeit und Aggressivität des „Angriffs“ von Beißreflexe&Co.
- Artikel Polemik statt kühler Analyse bei Deutschlandfunk Kultur. „Dies zeigt aber umso mehr, warum sich dieses Buch für den gesamtgesellschaftlichen großen Feuilletonaufschlag nicht eignet. Es hilft nicht weiter. Die sehr berechtigten Grundanliegen des Queerfeminismus, insbesondere etwa Rassismus auch Szene-intern zu thematisieren, werden in dem Buch durch zu Hilfenahme ihrer in der Tat erschreckenden Übertreibungen verlacht.“ Sehr schön, solche Gedanken in Medien mit großer Reichweite zu lesen.
- Artikel DAS FALSCHE BUCH ZUR RICHTIGEN ZEIT bei Texte zur Kunst, sehr ausgewogener Aufruf zu einer wirklichen produktiven Debatte. Beschreibt gut sowohl die Abwehrdynamik als auch die tatsächlich vorhandenen kritikwürdigen Punkte, wie Beißreflexe da nicht den richtigen Weg einschlägt.
- Artikel Viel Feind‘, viel Ehr‘ von Johannes Stier auf literaturkritik.de. Untertitel: „“Patsy L’amour LaLove veröffentlicht mit „Beißreflexe“ einen undifferenzierten Rundumschlag gegen Queer Theory und queeren Aktivismus“. Der Artikel greift viele diskutierenswerte Punkte aus dem Buch auf und beschreibt vor allem, wie die fehlende Differenzierung und der oft polemische Ton eine konstruktive Auseinandersetzung schwer machen.
- Blogpost Sosat beisst, stänkert und verschweigt von majaschwarz. Bezieht sich auf den Artikel von Caroline A. Sosat im Buch und kritisiert vor allem, dass unklar bleibt, über welche Szene sie schreibt, da Belege, Beispiele oder örtliche und zeitliche Eingrenzungen fehlen.
Fehlt noch: die Besprechung auf kritisch-lesen.de unter dem Titel „Angriff der Homocons“!
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